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Samstag, 12. Dezember 2020

Radfahren? Kniebeugen und Händeklatschen? Zynischer Tiefschlag (heute Show)

Radfahren? Kniebeugen und Händeklatschen? Zynischer Tiefschlag (heute Show)

Die Corona-Kanzlerin wirkt ratlos. Sie hat zwar im Bundestag eine emotionale Rede gehalten: „Wenn wir jetzt vor Weihnachten zu viele Kontakte haben und anschließend es das letzte Weihnachten mit den Großeltern war, dann werden wir etwas versäumt haben“. Die Journaille war begeistert: Ihre Stimme habe sich überschlagen. So kannten wir sie ja noch nie, hieß es. Aber diese emotionale Rede hilft uns nicht weiter.

Auch übersieht oder verschweigt Merkel, dass bereits durch Versäumnisse in diesem Jahr viele Menschen verstorben sind, die Weihnachten nicht mehr erleben, abgesehen davon, dass  laut Statistischem Bundesamt in Deutschland auch 2021 rund 900.000 Menschen versterben werden, für die es das letzte Weihnachtsfest sein wird.

Schon beinahe zynisch klingen weitere Statements aus dem Kanzleramt und aus ihrem Munde. Kanzleramtsminister Helge Braun: Menschen, die sich vor übervollen Bussen und Bahnen auf dem Weg zur Arbeit fürchten, sollten doch Fahrrad fahren. Und dann die Kanzlerin als „Aerobic Angi“ (heute Show): Bei geöffneten Fenstern in den Schulen könnten die Kinder ja in die Hände klatschen oder auch mal Kniebeugen zum Aufwärmen machen oder was "Wärmeres mitbringen".

Eine Strategie oder langfristige Planung ist dabei nicht erkennbar. Der größte Fehler der Politiker ist, dass sie glauben, wenn sie etwas beschließen, sei das Problem gelöst. Mitnichten. Dann fangen die Probleme erst an. (Siehe fehlende und ungelöste Durchführung von Corona-Schnelltests in Schulen und Pflegeinrichtungen, FFP2-Masken für Kranke- Alte und Pflegekräfte und für über 65-jährige aus Apotheken usw.)

Laut Oskar Lafontaine muss endlich aus den Erfahrungen gelernt und für ein halbes Jahr geplant werden. Merkel und ihre Corona-Paladine von Spahn und Söder bis Lauterbach, sie könnten es offensichtlich nicht.

Und weiter: Obwohl Pandemie-Pläne vorlagen, wurde keine Vorsorge getroffen. Als es im Frühjahr losging, fehlten Masken, Intensivbetten und Atemgeräte. Auch deshalb sind Menschen gestorben, die nicht mehr Weihnachten feiern.

Als China dicht machte, wurde bei uns noch Karneval gefeiert. Merkel und die Verantwortlichen hofften, dass der Kelch an uns vorüber
ginge. Weil zu spät eingegriffen wurde, sind Menschen gestorben und können nicht mehr Weihnachten feiern.

Dann kam der Sommer. Eine langfristige Strategie wurde nicht entwickelt. Was wurde versäumt und ist sofort in Angriff zu nehmen?

1.       Wir brauchen endlich repräsentative Untersuchungen, die uns verlässliche Zahlen liefern.

2.       Das Starren auf die sogenannte Inzidenz ist die wichtigste Entscheidungsgrundlage der Corona-Politiker. Diese Messwerte sind aber, wenn überhaupt, nur bedingt brauchbar. Der  angestrebte Inzidenzwert 50 dient doch nicht dem Gesundheitsschutz, sondern soll Versäumnisse verdecken, dass die Gesundheitsämter Infektionswege immer noch mit Papier, Kugelschreiber und Faxgerät statt mit modernster Elektronik verfolgen und deswegen bei mehr als 50 überfordert sein müssen.

3.       Die Anzahl der Tests wird nicht angegeben, die Labore haben unterschiedliche Testmethoden, die Tests sind nicht standardisiert. Wenn wir andere Erkältungsviren ebenso verfolgen würden, zum Beispiel bei Grippe oder Lungenentzündung, könnten die Medien auch jeden Tag hohe Zahlen melden.

4.       Der Ratschlag eines Teils der Mediziner, der bekannteste ist der Virologe Hendrik Streeck, sich auf die Zahl der belegten Intensivbetten und Beatmungsgeräte zu konzentrieren und vor allem die Alten und Kranken zu schützen, ist richtig. Bei den gemeldeten Todeszahlen sollte die Übersterblichkeit angegeben werden, von der eine Reihe von Leuten sagen, sie sei nicht höher als in der Grippesaison 2017/2018.

5.       Der seit langem bestehende Plan, die Alten, vor allem die in den Alten- und Pflegeheimen, besonders zu schützen, wird sträflich vernachlässigt.
Das Gegenbeispiel ist Tübingen. In neun Altenheimen mit 1000 Pflegeplätzen gibt es „seit Mai nicht einen einzigen Corona-Fall“, sagt Oberbürgermeister Boris Palmer. Beschäftigte, Bewohner und Besucher von Altenheimen werden dort regelmäßig und kostenlos getestet, und die Einrichtungen mit sicheren FFP2-Masken versorgt. Warum wird außerhalb Tübingens über diesen Weg seit Monaten nur geredet? Und warum haben Merkel, Spahn, Söder und die anderen Entscheider diesen Weg nicht konsequent umgesetzt? Weil es aufgrund dieses Versäumnisses in Deutschland zu immer mehr Ausbrüchen in Alten- und Pflegeheimen kommt, sterben auch hier Menschen, mit denen wir nach den Worten der Kanzlerin nicht mehr Weihnachten feiern können.

6.       Der größte Fehler ist das von den oben genannten Corona-Politikern zu verantwortende Kaputtsparen des Gesundheitssystems. Es fehlen bis zu 100.000 Pflegekräfte. Merkel und Co haben so gut wie nichts unternommen, um diesen Engpass zu beseitigen, der dazu führt, dass weniger Patienten auf Intensivstationen behandelt werden können.
Und hätten wir solide repräsentative Zahlen darüber, wo sich die Leute anstecken, dann könnte man auch den Lockdown soweit notwendig auf der Grundlage von Daten steuern und begrenzen. Die liegen aber unverzeihlicherweise bis heute nicht vor. Dass die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten von falschen Zahlen und Voraussetzungen ausgehen, zeigt der gescheiterte Lockdown „light“. Sie glaubten wohl, das Virus würde sich saisonal anders verhalten als die Erkältungsviren.

Emotionale Reden helfen nicht.

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