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Sonntag, 8. März 2020

Sprachlos in Berlin

Kommentar von Marc Felix Serrao, Berlin (NZZ)
«Merkel, help!», fordern die Menschen, die an der griechischen Grenze stehen. Doch die deutsche Kanzlerin kann nicht helfen. Sie hatte nie eine Strategie für das, was auf ihr Geschäft mit dem türkischen Despoten folgen sollte. Jetzt, im Spätherbst ihrer Kanzlerschaft, rächt sich das.
Wenn Macht gleichbedeutend wäre mit Stille, dann wäre Angela Merkel immer noch das, was ihre Bewunderer seit Jahren behaupten: die mächtigste Frau der Welt. Seit Tagen spitzt sich die Lage an der türkisch-griechischen Grenze zu. Doch Deutschlands Regierungschefin schweigt. Aus ihrer Partei kommen Warnungen, die Politik der offenen Tür des Jahres 2015 auf keinen Fall zu wiederholen. Doch Merkel schweigt. Die deutschen Grünen fordern, die Menschen an der griechischen Grenze so schnell wie möglich in der EU zu verteilen. Und Merkel schweigt.
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Merkel: Atomausstieg ist lächerlich
Merkel wusste schon 2008 wie man Deutschland politisch der Lächerlichkeit preisgibt
Es gibt Aussagen der Bundeskanzlerin, denen man einfach nicht widersprechen kann. Lässt sich besser zusammenfassen, wie sich Deutschland lächerlich macht, als es Angela Merkel mit folgender prophetischen Aussage getan hat?
"Im Blick auf die Debatte in Deutschland über Klimaschutz und Energiesicherheit sagte die Bundeskanzlerin unter dem Beifall eines beträchtlichen Teils de Publikums, sie halte es für nicht sinnvoll, dass ausgerechnet das Land mit den sichersten Atomkreftwerken die friedliche Nutzung der Atomenergie einstelle. Auch den Protest gegen den Neubau von Kohlekraftwerken hielt die Bundeskanzlerin für kontraproduktiv.
Es sei viel mehr sinnvoll, alte duch neue Kohlekraftwerke mit höherem Wirkungsgrad zu ersetzen und so eine geordneten Umstieg zu schaffen.Deutschland mache sich lächerlich, wenn es sich dadurch ein gutes Gewissen machen wolle, dass Atom- und Kohlekraftwerke stillgelegt würden und gleichzeitig Strom, der aus denselben Energieträgern erzeugt worden sei, aus den Nachbarländern importiert würde."
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22.05.2008

Montag, 20. Januar 2020

Fachkräftemangel

Fachkräftemangel
Deutschland sucht Fachkräfte, und zwar im Ausland. Kein Wunder. Leben doch Millionen junge und gut ausgebildete deutsche Fachkräfte mittlerweile im Ausland. 70 Prozent der Auswanderer sind Akademiker, die Mehrheit ist zwischen 20 und 40 Jahre alt. Klingt nach mehr Geld, höherem Lebensstandard, mehr Sicherheit. Das schafft natürlich Platz für neue „Facharbeiter“. Die Bundesregierung lädt zum „Fachkräftegipfel“ ein und die Medien berichten, vergessen aber, was sie noch vor ein paar Tagen über mögliche Ursachen geschrieben haben.
Neue Studie
Rund 180.000 Deutsche ziehen jedes Jahr in ein anderes Land. Vor allem deutsche Akademiker und Akademikerinnen wandern aus - aer nicht nur Hochqualifizierte profitieren vom Umzug ins Ausland.
  • Akademiker zieht es ins Ausland.
  • Im Schnitt verdienen sie dort innerhalb eines Jahres rund 1200 Euro mehr.
  • Jährlich wandern rund 180.000 Menschen aus, 130.000 Menschen kehren aber auch nach Deutschland zurück.
Studie zu Auswanderern
Viele Deutsche ziehen aus beruflichen Gründen ins Ausland - und verdienen dort deutlich mehr. "Häufig geht es um den nächsten Karriereschritt", sagte Andreas Ette vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung bei der Vorstellung erster Ergebnisse aus der Studie "German Emigration and Remigration Panel" am Mittwoch in Berlin. Die meisten der 180.000 Menschen, die im Schnitt jährlich ins Ausland gehen, seien Akademiker (76 Prozent). "Auswanderung ist eine Domäne der Hochqualifizierten", hieß es. Von dem Umzug profitierten aber auch andere
Mittwoch, 04. Dezember 2019
Die Deutschen sind ein überaus mobiles Volk. Hunderttausende leben kurzzeitig oder dauerhaft im Ausland. Das hat verschiedene Gründe. Eine aktuelle Studie veranschaulicht, welche das sind und nennt zugleich den Zufluchtsort Nummer eins.
Die Straßen sind marode. Die Ausstattung der Schulen lässt zu wünschen übrig. Der gesellschaftliche Zusammenhalt bröckelt. Es gäbe viele wahre und vermeintliche Gründe, Deutschland den Rücken zu kehren und sein Glück im Ausland zu versuchen. Doch nur die wenigsten Auswanderer verlassen tatsächlich ihre Heimat, weil sie mit der Situation in Deutschland unzufrieden sind. Das zeigt eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und der Universität Duisburg-Essen, die in Berlin vorgestellt wurde.
Zwischen Juli 2017 und Juni 2018 befragten die Forscher mehr als 10.000 deutsche Staatsbürger, die ins Ausland gezogen oder aus dem Ausland wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind. Sie lebten in 169 Ländern. Die sogenannte "German Emigration and Remigration Panel Study" (GERPS) gibt Aufschlüsse darüber, warum Deutsche temporär oder dauerhaft auswandern und was sie später wieder in ihre Heimat treibt.
In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der deutschen Auswanderer der GERPS zufolge kontinuierlich gestiegen. "Zurzeit leben rund vier Millionen Deutsche im Ausland", sagt BiB-Direktor Norbert F. Schneider. Das entspricht rund fünf Prozent der deutschen Bevölkerung. Die überwiegende Mehrheit hält sich in OECD-Ländern auf.
Wenn Hochgebildete gehen und wenig Gebildete kommen - Deutschlands doppeltes Migrationsproblem (NZZ)
Punkto Migration steckt Deutschland in einer zweifach misslichen Situation. Während es viele Länder mit Leuten alimentiert, die für teures Geld an deutschen Universitäten ausgebildet wurden, erlebt es einen steten Zustrom von Menschen mit geringer Qualifikation. Das kann auf Dauer nicht ohne Wirkung bleiben

Sonntag, 1. Dezember 2019

Clan-Boss Miri ist weg, die Probleme bleiben

KoKommentar zur Miri-Abschiebung
Die Blitz-Abschiebung des Clan-Anführers Ibrahim Miri beweist: Der Rechtsstaat ist handlungsfähig. Doch wer von einem "großen Erfolg" spricht, verkennt die Tatsachen. Denn im Kern ist der Fall ein Fiasko. Er zeigt, dass Politik und Polizei die Clan-Kriminalität viel zu lange unterschätzt haben, dass unser Abschiebesystem nicht funktioniert und dass die Grenzkontrollen spielend leicht zu umgehen sind.
Ja, am Ende hat es geklappt. Ibrahim Miri, der gefürchtete Clan-Anführer aus Bremen, wurde in seine Heimat Libanon abgeschoben. Endlich!
Viel zu lange hat der Schwerkriminelle (19 Mal rechtskräftig verurteilt) unseren Staat ausgenutzt, die Behörden an der Nase herumgeführt, die Polizei lächerlich gemacht, das Recht mit Füßen getreten.
Der Rauswurf des 46-Jährigen, der sich trickreich und mit Hilfe eines gewieften Anwalts gegen seine Abschiebung gewehrt hatte, zeigt: Der Rechtsstaat ist handlungsfähig.
Nach dem Ende der Abschiebe-Posse verbietet sich jeder Jubel
Es war absehbar, dass Politiker sich nach der Zwangsrückführung Miris auf die Schulter klopfen und versuchen würden, die Aktion als „großen Erfolg“ zu verkaufen, wie es Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am vergangenen Freitag getan hat.
Doch angesichts der Vorgeschichte des Falles - nach seiner längst überfälligen Abschiebung im Sommer 2019 reiste Miri im Oktober illegal wieder ein und beantragte Asyl - verbietet sich jeglicher Jubel.
Schlimm, dass sich der Verbrecher hier breitmachen konnte
Vielmehr sollten sich die Verantwortlichen kritisch hinterfragen, inwieweit sie und ihre Gesetze erst dazu beigetragen haben, dass sich ein solcher Verbrecher-Boss und dessen kriminelle Entourage bei uns breitmachen konnten.
Ibrahim Miri und Konsorten sind schlimmer als eine Hydra, bei der zwei Köpfe nachwachsen, sobald man einen abschlägt. Die Köpfe existieren längst! Hunderte, Tausende, Abertausende. In Bremen und Berlin, in Nordrhein-Westfalen und Niedersachen. Dort sind kriminelle Clans besonders stark verankert und narren den Staat, wo sie nur können - und zwar seit vielen Jahren.
Ein Rechtsstaat versagt, wenn er das Unrecht gedeihen lässt
Doch narren lässt sich nur ein Staat, der Probleme unterschätzt oder ignoriert. Der duldsam zusieht statt energisch dazwischenzugehen. Der Unrecht gedeihen lässt statt es rigoros zu bekämpfen. Der nicht auf seine Fachleute an der Basis hört, die Risiken für unsere Gesellschaft seismographenartig vorhersagen. >>> weiterlesen

Sonntag, 3. November 2019

Arbeitsalltag, geprägt von Belästigungen oder "Lügen mit Zahlen"

„Arbeitsalltag geprägt von Belästiungen“
behauptet die Tagesschau und das, obwohl 91 Prozent der Beschäftigten das nicht so empfinden
… nannte Gerd Bosbach sein Buch und beschrieb, wie mit Statistiken manipulativ Stimmung gemacht werden kann.
Beispiel gefällig? Vor ein paar Tagen erschien eine Studie zur „Sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz“ die von allen Print- und Telemedien gleichlautend publiziert wurde, was nicht verwundert, weil ja alle von dpa „abschreiben“.
Um jedoch keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen: Jede sexuelle Belästigung ist eine zu viel! Trotzdem kann man das Problem unterschiedlich interpretieren.
Angeführt von der Tagesschau lautet der Tenor: In den letzten 3 Jahren IST (nicht etwa "fühlte sich") jeder 11. Beschäftigte  im Job durch unangemessene Kommentare, Witze, Gesten oder Berührungen oder andere Handlungen sexuell belästigt worden. Das sind 9 Prozent. 13 Prozent Frauen und 5 Prozent Männer.
Und dann erschien obige Grafik (Ergänzungen in weiß von mir), wonach  durch sexualisierte Kommentare 62 %, durch unerwünschte Berührungen 26 %, durch zeigen sexualisierter Bilder 14 % und durch unerwünschtes Entblößen 5 % belästigt wurden. Soweit, so schlecht.
Wenn die Zahlen stimmen, ist daran nichts falsch. Doch jetzt kommen die Thesen von Bosbach ins Spiel. Der manipulative Ansatz besteht seiner Meinung nach darin, dass bei der Betrachtung plötzlich die Bezugsgröße geändert wird, damit das Problem größer wirkt.
Plötzlich bezieht man sich nicht mehr auf „Beschäftigte“, sondern auf „Betroffene“ und verwendet die ins Auge fallende Grafik. Bei weiterem Bezug auf „Beschäftigte“ wären die Zahlen wesentlich kleiner und damit unspektakulärer.
Wenn Tagesschau.de titelt: „Arbeitsalltag geprägt von Belästigungen“ fragt man sich, kann das so stimmen? Wenn obige Zahlen stimmen, so suggerieren sie dem oberflächlichen „Seher“ oder „Leser“ ein verfälschtes Bild vom Arbeitsalltag. Wenn sich von 9 % der Beschäftigten 62 % durch anzügliche Kommentare belästigt fühlen, sind das eben nicht 62 %, der Beschäftigten, sondern 5,6 % (9 x  0,62). Bei Berührungen sind es 2,3 %, bei Bildern 1,3 %, durch entblößen 0,5 %. Und das soll den Arbeitsalltag prägen?
Positiv argumentiert werden z.B. 91 % der Beschäftigten am Arbeitsplatz nicht sexuell belästigt.  Davon 94,4 % weder durch anzügliche Kommentare noch 97,7 % durch Berührungen oder 98,7 % durch anzügliche Bilder sowie 99,5 % durch entblößen. Aber das passt natürlich nicht ins Bild in Zeiten von „Me Too“

Montag, 16. September 2019

Warum linke Politik spaltet

Grüne,Linke, SPD
KISSLERS KONTER am 29. August 2019 auf CICERO
Wenn Ideologie mehr zählt als Mathematik und Vernunft, spalten Politiker die Gesellschaft. Darum sind linke Parteien, allen voran Rot-Rot-Grün, unglaubwürdig, wenn sie vor einer Teilung warnen. Denn sie treiben diese voran
Zum Gassenhauer der späten Merkel-, mittleren Steinmeier-Jahre zählt die Klage, unser Land sei gespalten. Mal soll soziale Spaltung herrschen zwischen Alt und Jung, dann zwischen Arm und Reich, mal zwischen Ost und West oder Frau und Mann oder Inländern und Ausländern. Auf all diesen Feldern besteht tatsächlich keine vollendete Harmonie. Wird es sie je geben? Darüber droht freilich in Vergessenheit zu geraten, dass mit der politischen Linken eine bedeutsame politische Kraft von Spaltungen lebt und diese voranzutreiben sich müht. Anders als etwa der politische Liberalismus setzt die politische Linke die eigene Wahrheit fest voraus. So nährt die Linke jene Spaltung, die sie zu bekämpfen vorgibt.
Nehmen wir das mutmaßlich scheiternde Ansinnen der Berliner Linkspartei, den Mietendeckel zur Mietenfräse auszubauen. In bestehende Mietverträge wäre dann einzugreifen, wenn die vereinbarte Miethöhe sich über einem staatlicherseits festgesetzten Mininiveau bewegte. Halbierungen der monatlichen Zahlungen wären rückwirkend möglich. Die Berliner Bausenatorin Karin Lompscher von der Linkspartei sieht darin ein probates Mittel gegen „Mietspekulation“, Bundesvorsitzende Katja Kipping sekundiert, im Kampf gegen „Miethaie“ brauche man ein solches Gesetz. Der „Miethai“ aber kann schlicht der Mensch als Vermieter sein, gegen den der Mensch als Mieter aggressiv und spalterisch in Stellung gebracht wird.

Die Wahrheit zählt mehr als Grundrechenarten

Und die Folgen solcher Zwangskappungen sind für jeden, dem die eigene Wahrheit nicht mehr zählt als die Grundrechenarten, einsichtig: Auftragseinbrüche und Entlassungen bei Handwerksbetrieben und Wohnungsbaugesellschaften, Verlotterung der Bausubstanz, noch weniger Angebote auf dem freien Wohnungsmarkt. Mittelfristig ginge es allen schlechter, aber die linke Idee hätte auf dem Papier den Sieg davongetragen.